Die 7 grössten Mythen über Unternehmenskultur

Veröffentlicht von Martina Miciecki am

Unternehmenskultur? Nein, danke. Kostet nur Geld, Zeit und bringt am Ende ja doch nichts. So oder so ähnlich klingt es in vielen Führungsetagen. Um die Unternehmensziele zu erreichen, wird in Strategien und Prozesse investiert, vielleicht noch in die Führung. Welche 7 grössten Mythen sich hartnäckig halten und warum Du diese schleunigst überwinden solltest, erfährst Du hier.

7_Mythen-der_Unternehmenskultur

Unternehmenskultur – was ist das?

Unter einer Unternehmenskultur versteht man gemeinsam gelebte Werte und geltende Normen, an denen sich alle im Unternehmen orientieren. Die Unternehmenskultur spiegelt sich im besten Fall auf allen Ebenen im Unternehmen wider und jede und jeder richtet ihr Verhalten und ihre Handlungen danach aus: in der Führung, im Umgang untereinander, im Umgang mit Fehlern, bei der Entscheidungsfindung, gegenüber Geschäftspartnern und Stakeholdern etc.

Es ist somit ein System gemeinsam geteilter kultureller Wertmuster. Neben Unternehmenskultur werden auch Begriffe wie Firmenkultur, Betriebskultur, Organisationskultur oder Verwaltungskultur verwendet.

Unternehmenskultur – ist das Kunst oder kann das weg?

Nachdem klar ist, was Unternehmenskultur ist, stellt sich die Frage, warum es diese nicht überall gibt. Du hast sicher schon einmal in einem Restaurant gegessen, in dem sich die Mitarbeitenden gegenseitig angegiftet haben oder vor den Gästen vom Chef geschimpft wurden. Oder Du hast in einem Laden eingekauft, stehst an der Kasse und wirst keines Blickes gewürdigt, geschweige denn der Kassierer bedankt sich für Deinen Einkauf. Sondern unterhält sich angeregt mit einer Kollegin über die Überstunden, die er schon wieder machen musste. Kein gutes Zeichen!

Und hier kommen wir schon zum Knackpunkt: keine Unternehmenskultur gibt es nicht. Jedes Unternehmen hat eine, halt eine schlechte oder eine gute. Und selbst wenn die Chefin oder der Chef der Meinung ist, es sei überflüssig, eine positive Unternehmenskultur zu entwickeln, wichtig seien nur die Zahlen, Ziele und Gewinne, so muss ich diese Chef:innen enttäuschen. Eine Unternehmenskultur entsteht, ob er oder sie es will oder nicht. Sie entsteht auch nicht immer bewusst, sondern schleicht sich auch ein über schlechte Gewohnheiten, Tradition und Alltagstrott. Wenn Du als neue Führungsperson von einem langjährigen Kaderkollegen oder Chef:in als Antwort erhältst: „Das haben wir schon immer so gemacht“, dann weisst Du, dass es Zeit ist für Veränderungen – einen Kulturwandel.

6 Erfolgsfaktoren für eine positive Unternehmenskultur findest Du hier.

Unternehmenskultur – 2 theoretische Modelle

Für diejenigen, die gerne etwas in die Tiefe gehen wollen, nachfolgend zwei klassische und sehr bekannte Modelle. Wem das zu theoretisch ist, einfach hier klicken und direkt zu den 7 Mythen springen.

1. Kulturmodell nach Edgar H. Schein, US-amerikanischer Sozialwissenschaftler

Schein teilt 1985 die Organisationskultur als Lern-, Denk- und Handlungssystem in drei Ebenen auf.

  • Ebene 1: Artefakte (Sprache, Verhalten, Technologien)
  • Ebene 2 Werte und Normen (kollektive Werte und Verhalten, Regeln, Richtlinien)
  • Ebene 3: Grundannahmen (Weltbild, Beziehung zur Umwelt, Beziehung untereinander)

Die drei Ebenen stehen in einer engen Beziehung zueinander. Die erste Ebene beinhaltet die sichtbaren Elemente und Verhaltensmuster einer Unternehmenskultur. Beispiel: Begrüssung, Kleidervorschrift, Einhalten/Nichteinhalten von Regeln.

Umso mehr sich diese Artefakte mit der Ebene zwei, den persönlichen Werten und dem persönlichen Verhalten decken, umso leichter fällt es einem Mitarbeitenden, sich damit zu identifizieren. Entsprechen die gemeinsamen Verhaltensstandards denjenigen eines Mitarbeitenden, dann fällt es ihm leicht aus eigenem Antrieb heraus sich einzubringen. Die Werte und Normen aus Ebene zwei sind sichtbar, werden aber grösstenteils unbewusst gelebt.

Die dritte Ebene beinhaltet Grundannahmen, die unbewusst gelebt werden und nicht sichtbar sind. Das sind erlernte soziale Grundnormen -die Weltanschauung- die als normal empfunden und daher nicht mehr hinterfragt werden. Die Grundnormen beziehen sich auf die zwischenmenschlichen Beziehungen, das Handeln des Menschen, die Beziehung zur Umwelt und das Wahrnehmen von Wahrheit und Realität. Diese erlernten Grundnormen oder Prinzipien beeinflussen das persönlich als richtig empfundene Verhalten massgeblich. Sie können daher einen Kulturwandel blockieren oder Ängste abbauen.

Ansatzpunkt im Unternehmen ist laut Modell die Ebene 2. Durch das Einführen neuer Verhaltensstandards kann die Unternehmenskultur geändert werden. Unterstützt werden kann dies durch bewusste Symbole und Zeichen, die der neuen Kultur mehr Gewicht geben. Dies können greifbare Symbole, starke Bilder oder Sanktionen bei Nichtbeachtung sein.

2. Das Eisbergmodell nach Edward T. Hall, US-amerikanischer Anthropologe

Dieses orientiert sich am Eisbergmodell nach Sigmund Freud. Ein kleiner Teil der Unternehmenskultur ist sichtbar, das meiste liegt jedoch im Verborgenen (unter der Wasseroberfläche). Die Annahme ist, dass die nicht sichtbaren Elemente die sichtbaren antreiben. Jedoch sind die verborgenen Elemente einer Unternehmenskultur für neue Mitarbeitende nur schwer greifbar und oft unverständlich.

Der kleinere Teil der Unternehmenskultur ist ein bewusster, sichtbarer Teil. Dazu gehören Strategie, Leitbild, Grundsätze, Regeln, aber auch das Verhalten oder die Bekleidung der Mitarbeitenden = Sachebene.

Der grössere Teil ist die Basis, aber unsichtbar und unbewusst. Hierbei handelt es sich um Annahmen, die dem sichtbaren Teil zugrunde liegen = Emotionsebene. Dazu gehören Ängste, Bedürfnisse, Werte, Regeln, zwischenmenschliche Beziehungen, Emotionen und verdeckte Regeln. Unsichtbar und unbewusst, weil diese in der Regel von Mitarbeitenden verinnerlicht wurden und nicht mehr hinterfragt werden.

Eine Veränderung der Unternehmenskultur kann nur dann erfolgen, wenn es gelingt den Horizont von der Eisbergspitze unter die Wasseroberfläche zu erweitern. Das heisst, die Mitarbeitenden auf die Themen zu sensibilisieren, die unter der Oberfläche liegen und gemeinsam herauszufinden, wie diese einbezogen und in der „neuen“ Kultur verankert werden können.

Martina Miciecki Coaching.Mentoring

Klingt in der Theorie ganz einfach, warum schaffen es dann aber nicht alle Unternehmen? Weil es meistens daran scheitert, die Theorie in die Praxis umzusetzen. CEO und leitende Führungskräfte halten an alten Mythen fest. Die 7 häufigsten habe ich hier für Dich zusammengefasst.

Die 7 grössten Mythen über Unternehmenskultur

Mythos 1: Unternehmenskultur brauchen wir nicht

Wenn Du meinen Artikel von Anfang an gelesen hast, weisst Du bereits, warum das Quatsch ist. Jedes Unternehmen hat eine Kultur, ob sie will oder nicht. Herauszufinden ist, ob es eine unbewusst entstandene Kultur ist oder eine bewusst hervorgerufene. Wirkt sich diese Kultur positiv auf die Ziele des Unternehmens aus oder eher destruktiv? Wirken die Mitarbeitenden gerne mit oder herrscht eine Stimmung der Angst? Gestalte aktiv die Unternehmenskultur!

Mythos 2: unsere Unternehmenskultur ist halt so, da kann man nichts machen

Ja klar. Wenn man sich auf diesen Standpunkt stellt, wird sich sicherlich nichts ändern. Genauso gut könntest Du sagen, unser Unternehmen macht einfach keinen Umsatz. Das ist halt so, da kann man nichts machen. Lange wird es dieses Unternehmen dann wohl nicht mehr geben… Wo ein Wille, da ein Weg. Wenn ihr Euch das nächste Mal zusammensetzt und Eure Unternehmensziele definiert, nimm auch gleich Deine Unternehmenskultur in das Portfolio auf. Denn auch das sollte Dein Ziel sein.

Mythos 3: lass uns die Unternehmenskultur von XY kopieren

Vergiss es gleich wieder. Copy-Paste einer gelebten Kultur geht nicht. Es ist ja kein Dokument oder Produkt, das Du nachmachst. Es sind gelebte Werte, Übereinstimmungen im Verhalten, gemeinsame Visionen, Leitbild etc. Selbst wenn Du die Philosophie und das Leitbild Deines Mitbewerbers abkupferst, die Kultur wirst Du nicht übernehmen können. Wenn Du jedoch früher in einem anderem Unternehmen mit einer super Kultur über längere Zeit (mit-)gearbeitet hast, hast Du sehr grosse Chancen, dass Du das als CEO oder leitender Angestellter in Deinem neuen Unternehmen nochmals entwickeln kannst.

Mythos 4: Unternehmenskultur geht nur in grossen Firmen

Falsch! Das geht in jeder Grösse. In klein- und mittelständischen Betrieben wie in dezentralen Organisationseinheiten. Selbst in Familienbetrieben. Dort ist es vielleicht keine Unternehmenskultur, sondern die Tradition, die das Unternehmen prägt. Es sind Werte und Verhaltensweisen, die vom Urgrossvater über den Grossvater an den Vater und die Tochter übergeben wurden. Gerade in Familienbetrieben ist die Kultur stark spürbar und erlebbar. In grossen Unternehmen ist es weitaus schwieriger, die Kultur in alle Organisationseinheiten zu transportieren und zu leben. Dafür benötigt es eine starke Übereinstimmung bei den Führungskräften.

Mythos 5: Unternehmenskultur ist nicht meine Aufgabe

Unternehmenskultur ist Chefsache. Entweder gibt es einen Patron, einen Unternehmensgründer, der in der Basis die Unternehmenskultur begründet. Oder aber die Geschäftsleitung zusammen mit den Führungskräften, die durch ihr Verhalten die Unternehmenskultur beeinflussen. Du als Führungskraft bist Vorbild und hast direkten Einfluss auf die Motivation und das Verhalten Deiner Mitarbeitenden. Insofern ist es auch Deine Aufgabe die Kultur vorzuleben oder weiterzuentwickeln. (Über 5 Wege, wie Du Deinen Mitarbeitenden Wertschätzung zeigen kannst oder Mitarbeiter motivieren, habe ich bereits geschrieben.)

Mythos 6: Unternehmenskultur ist ein Gefühl und nicht messbar

Auch eine Unternehmenskultur ist messbar und in Zahlen belegbar. Je nach Unternehmen sind andere Methoden oder Messwerte sinnvoll. Möglich wären Schlüsselindikatoren wie Fluktuationsrate (Employee Turnover Rate), Weiterempfehlungsrate (Employee Net Promoter Score) und der Zufriedenheitsrate (Employer and Manager Satisfaction Score). Oder digitale und anonyme Bewertungen unter den Mitarbeitenden. Oder diese 4 Key Performance Indikatoren (KPI), die PwC empfiehlt.

Mythos 7: Unternehmenskultur kostet nur Geld und bringt nichts

Wenn Du nicht in Deine Unternehmenskultur investierst, wirst Du noch lange auf Deine Strategie pochen können und Deine Ziele durchsetzen wollen. Wenn sich die Strategie nicht mit der Kultur deckt, wird die Implementierung nicht klappen.

„Culture eats strategy for breakfast.“

Peter Drucker, US-amerikanischer Ökonom

Mehr noch: „Eine Umfrage unter 500 CEOs aus der ganzen Welt zeigt, dass die meisten wissen, wie wichtig Kultur ist. Unternehmen, die Kultur und Strategie verbinden und den Menschen an die erste Stelle stellen, haben doppelt so viel Umsatzwachstum wie andere.“ Hier kannst Du die ganze Studie von Heidrick & Struggles nachlesen: Aligning Culture with the Bottom Line: How Companies Can Accelerate Progress.

Du kannst also mit einer positiven Unternehmenskultur einen Booster für Dein Umsatzwachstum schaffen. In einem weiteren Beitrag findest Du die 6 Erfolgsfaktoren für eine positivere Unternehmenskultur.

Wie steht es um Deine Unternehmenskultur?

Schreibe es mir gerne in den Kommentar!

Entdecke und entwickle Deine Leadership DNA

Deine Leadership DNA ist das, was Dich als Führungskraft ausmacht und erfolgreich macht. Es geht darum, Deine Stärken, Werte, Persönlichkeit und Führungsphilosophie zu kennen und zu leben. So führst Du authentisch, souverän und wirkungsvoll.

In meinem Coaching-Programm lernst Du, wie Du Deine Leadership DNA erkennst, weiterentwickelst und optimal einsetzt. Du lernst, wie Du Deinen Führungsstil anpassen, Deine Kommunikation verbessern, Konflikte lösen und Stress bewältigen kannst.

Wenn Du bereit bist, Dich auf eine spannende Entdeckungsreise zu begeben und Dein volles Führungspotenzial zu entfalten, dann melde Dich jetzt bei mir für ein kostenloses Strategiegespräch. Ich freue mich darauf, Dich kennenzulernen und Dir zu zeigen, wie Du Deine unvergleichliche Leadership DNA entfaltest.

Du möchtest regelmässig Impulse erhalten zu den Themen Leadership, Teamführung und Worklife?

Dann trage Dich gerne in meinen Impulsletter ein.

Martina Miciecki Coaching.Mentoring

Die Autorin:
Hallo, ich bin Martina, diplomierte Coach und Betriebliche Mentorin FA. Ich zeige ambitionierten Nachwuchskadern und erfahrenen Führungspersönlichkeiten, wie sie souveräner, charismatischer und erfolgreicher ihre Führungsrolle ausüben können. Ich lebe in Frauenfeld (Schweiz), liebe meinen Balkongarten mit Blumen und Gemüse und schwöre auf Poweryoga für meine geistige und körperliche Fitness.


Kategorien: Leadership

0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert